Nadja Kayali
Die Leitlinie ist immer, Win-Win-Situationen zu kreieren
Nadja Kayali besticht mit immerwährender Präsenz, ihrer Menschlichkeit und einem scheinbar unerschöpflichen profundem Wissen im musikalischen Kosmos des Abendlandes und darüber hinaus. Die bekannte Radiomoderatorin trat 2020 die Intendanz für das Osterfestival Imago Dei in Krems an und ist seit Oktober 2023 für den Carinthischen Sommer unter Vertrag. Fürs Radiomachen bleibt da nicht mehr viel Zeit, nur für das Ö1 Pasticcio wird sie uns vorerst erhalten bleiben: mit einer Sendung aus Wien und einer aus Klagenfurt.
Wollten Sie zwei Festivals leiten?
Nein, es ging sich nur nicht anders aus. Ich wollte einerseits meinen Dreijahresvertrag bei Imago Dei erfüllen und wurde vom Carinthischen Sommer ja erst im Mai vorigen Jahres vorgestellt. Diese Doppelspur fahre ich nur dieses Jahr und danach höre ich in Krems auf. Ich möchte aus dem Carinthischen Sommer ein Festival in einer ganz anderen Liga machen, denn das war er einst.
Was ist dieses Festival für Sie?
Der Carinthische Sommer ist das Leitfestival Kärntens, das bedeutendste Musikfestival der Region seit 1969. Mittlerweile hat sich die Kulturlandschaft in Kärnten natürlich auch verändert, trotzdem ist es mein Anspruch, den Carinthischen Sommer in Kärnten einerseits wieder stärker zu verankern, aber auch in Österreich neu zu positionieren und dann eine europäische Marke daraus zu machen. Wir sind an einer extrem interessanten Position: nur 20 Minuten sind es bis zur Grenze nach Italien, in einer Stunde ist man in Ljubljana und schnell auch in Kroatien. Diese Aussicht auf internationale Kooperationen, Internationalität reizt mich schon von jeher sehr.
Auch Ihr Umzug von Wien nach Villach setzt ein starkes Zeichen Ihrer Identifikation mit dieser Aufgabe.
Erst als ich die Frage, ob ich mir vorstellen kann, in Villach zu leben, mit Ja beantworten konnte, habe ich mich beworben. Mir geht es nicht um halbe Sachen oder darum, Direktorin eines großen Festivals zu sein. Mich interessiert, das Potenzial des Carinthischen Sommers wirklich auszuschöpfen – das braucht aber meine 200 Prozent Kraftanstrengung und dafür muss ich jetzt hier leben. Wege nach Wien bleiben mir natürlich trotzdem erhalten: Erst jüngst war ich dort, um die Firstlady zu treffen und einen Tag später erreichte mich die Bestätigung, dass der Bundespräsident heuer das Festival eröffnen wird, was ein Zeichen ist, denn er war viele Jahre nicht mehr da. Villach ist eine innovative Stadt näher an Triest und Venedig und zum Beispiel auch in Nachbarschaft zu Slowenien – einem Land, dass ich auch unbedingt und schon lange erkunden möchte. Und ich begegne unglaublich interessanten Menschen hier in Menschen. Als eine, die nur zwei Jahre in einer kleineren Stadt, nämlich Luzern, lebte und sonst in Großstädten wie Berlin, Hamburg, Lissabon zu Hause war, ist es total bereichernd, jetzt kurze Wege, kulturvolle Menschen und diese Nähe zu anderen Ländern zu haben.
Ihre markante Stärke ist auch, strategisch sehr wichtige Schnittstellen persönlich zu bedienen.
Das ist aber auch der wesentliche Aspekt meines Handelns. Je mehr es wir mit digitalen Medien, Computern und Automaten zu tun haben, desto wichtiger ist der menschliche Kontakt. Daran glaube ich zutiefst. Klar geworden ist mir das natürlich auch während und nach der Pandemie: Warum gehen die Menschen überhaupt zurück ins Theater und ins Konzert? Es ist das Menschliche, das wir spüren.
… und Frauen ihren Platz an den verschiedenen Positionen im Programm zu ermöglichen.
Ein Thema, das mich immer wieder beschäftigt, ist die Frauenförderung. Ich bin nach Portugal geflogen, um Joana Carneiro zu hören und sie sofort zu engagieren, mit Claire Huangci, die das Konzert von Clara Schumann spielt. Ausschließlich Frauen im Eröffnungskonzert ist schon ein starkes Statement mit einer ganz klaren Idee. Da sind Komponistinnen genauso wichtig wie Interpretinnen. Das Messages Quartet, das mir auch sehr am Herzen liegt, spielt ein Konzert mit polnischer Romantik von Stanislav Moniusko, einem Streichquartett von Brahms Zeitgenossen und Freund Friedrich Gernsheim und Andrzej Panufnik. Sein zweites Streichquartett „Messages“ war namensgebend für das Ensemble, das im nächsten Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiert.
Die Idee des FestivalFörderungsClubs haben Sie auch zum Carinthischen Sommer mitgenommen?
Es gab zwar einen Festivalförderungsverein, aber den möchte ich überführen in den FestivalFörderungsClub, weil man da vielleicht die Möglichkeit bekommt, ein bisschen über den Tellerrand hinaus zu denken und beispielsweise Publikationen, Diskussionsrunden oder ähnliches zu unterstützen, die mit dem Festival in etwas weiterem Radius etwas zu tun haben und nicht nur an den Festivalzeitraum und an das Programm gebunden sind. Aber das werden wir erst in der zweiten Saison umsetzen.
Um der Kunst, der Musik als Ausdrucksform ihren Weg in gesellschaftliche Debatten stärker zu bahnen und größere Wirkmacht zu erzeugen.
Politik und Gesellschaftspolitik spielen für mich als Soziologin natürlich immer eine große Rolle. Die Frage ist aber: Wie verpackt man das? Das ist in Krems anders als in Villach. Hier bin ich auch in einer anderen Jahreszeit, im prallen Sommer, und auch das Publikum ist ein anderes. Das Politische ist in Krems durch die Zwischentöne Polen klar gesetzt, im Carinthischen Sommer gibt es heuer einen kleinen Schwerpunkt auf Portugal.
Warum Portugal?
Es gibt zwei Faktoren. Den persönlichen, dass mein Mann zur Hälfte Portugiese ist und mein Schwiegervater Fernando Pessoa übersetzt hat. Aber der zweite und wesentliche Punkt ist, dass in diesem Jahr der 50. Jahrestag der Nelkenrevolution, die Ablöse des Faschismus durch die Demokratie stattfindet. Auslöser für diese friedliche Revolution war ein Lied: Grândola, Vila Morena. Es zeigt die Kraft von Musik, die Wertigkeit der Demokratie und implementiert automatisch eine politische Dimension. Und darüber hinaus ist es natürlich auch eine politische Entscheidung, im Eröffnungsprojekt ausschließlich Komponistinnen vorkommen zu lassen.
Ihre klare Linie beim Programmieren ist womöglich die notwendige Konstante, um aussagefähig zu sein. Auch die Ausführenden des Eröffnungskonzertes sind weiblich. Sie führen darin musikalisch von der Klassik in die Gegenwart.
Fanny Hensel, Clara Schumann, Louise Farrenc sind drei romantische Komponistinnen, deren Musik keine Vorbedingungen zur Rezeption braucht, sie ist einfach unglaublich schön. Um meinem Anliegen gerecht zu werden, auch zeitgenössische Musik ins Repertoire zu holen, ist dann Hannah Eisendle beauftragt worden, zu Grândola, Vila Morena ein Stück zu entwickeln, das mit dem RSO unter Marin Alsop auch mit auf dessen Japan-Tournee gehen wird.
Dieser Kooperationsgeist gehört untrüglich zu Ihrer Handschrift.
Das ist für mich nur logisch, weil ich total davon überzeugt bin, dass wir gerade in der Kultur nur gemeinsam überhaupt irgendwie weiterkommen können. Würden wir so tun, als gäbe es nur uns, könnten wir gleich zusperren. Deshalb gibt es Kooperationen mit dem RSO, das unser neues Festivalorchester wird, mit anderen Festivals, Veranstaltungsorten und VeranstalterInnen in Kärnten und jetzt auch in der Steiermark, weil in ca. zwei Jahren eine neue Zugverbindung die Steiermark mit Kärnten viel stärker verbinden wird und man dann schon in wenig mehr als einer Stunde von Villach in Graz sein kann. Das wird sich schon im Programm 2025 niederschlagen. Außerdem ist Kärnten ein Tourismusland mit unglaublich vielen BesucherInnen, denen ja auch etwas geboten werden soll, also bemühe ich mich auch um einen intensiven Kontakt zum hiesigen Tourismus. Ich agiere diesbezüglich sehr intuitiv und versuche bei allem, was ich tu, bei mir zu bleiben. Dann habe ich automatisch eine Leitlinie, die mir vorgibt, was ich zu tun habe. Das einzige Problem ist im Moment, dass ich mich klonen müsste, um alles zu schaffen.
Wie halten Sie es mit der Tradition dieses Festivals, gibt es einen notwendigen Umgang mit dem Bestehendem?
Das Festival hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert hin zu Klassik, Jazz, Crossover und unterlag einer ganz anderen Konzeption, auch bezüglich der Spielorte. Die Beschränkung auf wenige Spielorte war einerseits eine künstlerische und andererseits eine betriebswirtschaftliche Entscheidung, denn ich bin auch die Geschäftsführerin dieser GesmbH und trage die wirtschaftliche Verantwortung für dieses Festival. Die ausgefranste Lage der Spielorte aufrechtzuerhalten wäre jedenfalls für mich eine völlige Fehlentscheidung. Mir geht es darum, einen Nukleus zu schaffen, der eine Klarheit vermittelt und das Herzstück dieses Festivals stärkt. Wir sind ein Klassik-Festival, wobei Klassik für mich immer auch Zeitgenössische Musik mit meint, dass vom 6. Juli bis 4. August stattfindet und jeden Tag mindestens eine Aufführung hat, sodass hier auch eine Festivalstimmung entstehen kann. Gegründet wurde der Carinthische Sommer in Ossiach, einem Ort mit einem tollen Stift und seiner wunderbaren Stiftskirche. Dort und in Villach ist das Festival beheimatet und hat da folglich seine Hauptspielorte. Es gibt durch die Namensgebung erkennbar aber auch einen gewissen Anspruch an die Präsenz des Festivals in Kärnten als Bundesland. So wird beispielsweise die Kinderoper Gold, die ich vor zwei Jahren in Krems produziert habe, bei verschiedenen anderen lokalen Festivals aufgeführt und ins Programm aufgenommen. Oder es wird in Ossiach ein Ö1-Kulturpicknick geben, bei dem KünstlerInnen anderer Festivals eingeladen sind, aufzutreten. Es ist ein kleines Festival im Festival.
Die mediale Anbindung ist Ihnen wahrscheinlich auch ein Anliegen.
Natürlich. Wir starten am 6. Juli mit einem Ö1-Klassik-Treffpunkt, bei dem Claire Huangci und ich live aus Villach zu Gast sind. Das Konzert am Abend wird live im Ö1 übertragen. Am nächsten Tag wird es um 10 Uhr in Ossiach eine Fernsehmesse von ORF III mitgezeichnet geben, am Nachmittag beginnt das besagte Ö1-Kulturpicknick, wo wir vier Stunden live senden werden. Innerhalb des Festivalzeitraumes werden noch 12 weitere Konzerte für Ö1 aufgenommen und vom letzten RSO-Konzert wird es ebenfalls eine TV-Aufzeichnung von ORF III geben. Meine Leitlinie ist immer, Win-Win-Situationen zu kreieren. Ich strebe danach, auf Augenhöhe zu kommunizieren und allen Beteiligten Stärkung aus der Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Es braucht einen klaren inneren Kern im Individuum, um in Beziehung gehen zu können. Und dasselbe entwickeln Sie für den Organismus dieses Festivals: einen Kern mit Wiedererkennungswert, eine Marke.
Eigentlich ist es einfach. Deswegen funktioniert es auch: Menschen spüren die Echtheit. Ich bin hier, weil ich wirklich hier sein und etwas Gutes machen will. Das berührt auch.
… und setzt Sie in keine eigentümliche Konkurrenz zu Ihren Vorgängern.
Nur so kann ich auch die anderen einladen, mitzumachen: Via Iulia Augusta, Pro Musica Mallnitz, Trigonale, Ensemble Porcia, das Literaturhaus in Klagenfurt, das Musikforum Viktring. Und das ist erst der Anfang.
Das Konzert Auf tönernen Füßen von Beat Furrer am 13. Juli steht mit Werken von Manuel Cardoso auch in einem portugiesischen Kontext.
Es gibt anlässlich seines Geburtstags gleich zwei Konzerte mit Beat Furrer. Das zweite am 14. Juli ist die Uraufführung einer revidierten Fassung seines Orgelstücks Angelus descendens, das er jetzt für die Orgel im Klagenfurter Dom umschreibt, weil es bislang nur an der Orgel in Halle an der Saale gespielt werden konnte. Mit dem Orgelkurator Wolfgang Kogert habe ich dafür einen fantastischen Musiker und großartigen Interpreten gefunden. Er hat einen faszinierenden Zugang zur zeitgenössischen Musik, sodass sehr viele KomponistInnen für ihn schreiben. Trotzdem spielt er als Hoforganist der Hofmusikkapelle ebenso das gesamte alte Repertoire und unterrichtet am Mozarteum. Dass wir zusammenarbeiten, ist ein Glücksfall für mich und für die Orgeln in Ossiach für die nächsten Festivaljahrgänge ein Segen. Für das erste Jahr arbeiten nun Beat Furrer und Wolfgang Kogert dieses Orgelstück in Klagenfurt um. Es wird mit zwei Stücken von Bach, Sofia Gubaidulina und Giacomo Scelsi gerahmt und von Viktoria Coelns Lichtinterventionen begleitet.
Zur raumfüllenden Kraft der Orgel wird hier noch eine weitere Verbindung zum Kirchraum hergestellt.
Ich schaffe so gern innere Verbindungen zwischen den Konzerten. Die Kombination Beat Furrers Auf tönernen Füßen mit dem portugiesischen Barockkomponisten Manuel Cardoso ist wunderschön. Diesem Namen bin ich im Mai in Portugal begegnet, als ich das Vokalensemble Cupertinus kennenlernte, das sehr viel barocke Musik Portugals erforscht. Cordula Bürgi schlug mir dann lustigerweise Manuel Cardoso vor, bevor ich ihn ihr vorschlagen konnte. Mit ihr und dem Chor Cantando Admont möchte ich auf jeden Fall noch weiter zusammenarbeiten.
Der eine Portugal-Schwerpunkt liegt auf der Vokalpolyphonie, der andere eher in der populären Richtung …
Ohne Fado kein Portugal. „Fado ist der portugiesische Blues“ hörte ich jüngst im Radio und drückt einfach alles über Portugal aus. Zudem ist es ein musikalisches Genre, das einen starken Bezug zur Literatur hat. Es wird im Fado sehr oft auf die großen DichterInnen der Zeit zurückgegriffen bzw. schreiben DichterInnen auch selbst Fados, was in der Populärmusik ja eher unüblich ist. Literatur ist in meinen Programmen immer auch ein großes Thema und Kärnten das Literaturland Österreichs schlechthin. Ingeborg Bachmann wird natürlich 2026 eine große Rolle spielen, Christine Lavant, Maja Haderlap, Anna Baar … es gibt so starke Stimmen hier. Und der Fado baut Brücken zu einem anderen Publikum, ohne den Kern des Festivals veruntreuen zu müssen.
Eckart Runge ist Artist of Residence dieses Festivaljahrgangs – eine weitere Neuerung im Programm?
Einen Künstler aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, ist ein herrliches, so dankbares Unterfangen. Eckart Runge ist ein großartiger Musiker, Gründungsmitglied des Artemis-Quartetts, eines der jahrelang weltbesten Streichquartette. Ich habe ihn so oft während meiner Konzerteinführungen im Wiener Konzerthaus erleben dürfen und ihn später mit seinem Duopartner am Klavier, Jacques Ammon, kennengelernt. Die beiden haben mich musikalisch derart überzeugt, dass ich von meiner Regel, keine Männerensemble zu programmieren, mal eine Ausnahme machen musste. Mir ist wichtig, Musik auf einem hohen Niveau zu präsentieren. Dann kann man sich eine Spur populärere Programme erlauben, um auch jüngere Leute anzusprechen. Cello Cinema von Eckart Runge und Jacques Ammon mit zwei Pantomimen ist beispielsweise so ein Projekt. Wenn es mir gelingt, durch Sponsoring ermäßigte Kartenpreise anbieten zu können, stelle ich mich mit dem Festival auch in den umliegenden Schulen vor.
Es gibt in ihrem Programm noch das Stück Opium, das die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts beschreibt.
Wir haben ihnen den Wunsch erfüllt, einen Kompositionsauftrag an Sarvenaz Saferi zu vergeben. Sie ist eine persisch-deutsche Komponistin und lebt in Berlin. Ihr Stück wird im Carinthischen Sommer vom Duo uraufgeführt und geht dann über in deren Programm. So lebt es im Sinne der Nachhaltigkeit weiter über die Uraufführung hinaus und trägt den Carinthischen Sommer in die Welt.
Und mit dem Skrjabin Mysterium gibt es auch einen Ausflug zum Tanz.
Diese Produktion ist auch in Krems für das Imago Dei Festival entstanden und ich freue mich, diese aufwendige und intensive Produktion aus Musik, Puppenspiel, Licht und Tanz erneut stattfinden lassen zu können. Eine weitere Kooperation mit Imago Dei und der Hofmusikkapelle sind die Morgenkonzerte. Dafür sind literarische Aufträge zum Thema Freiheit an Anna Baar, Milena Michiko Flašar, Sabine Gruber, Sophia Lunra Schnack, Kathrin Röggla, Julia Jost, Maja Haderlap und Martin Piekar, dem Bachmann-Publikumspreisträger und baldigen Stadtschreiber Klagenfurts, gegangen. Jeden Montag und Dienstag wird es während des Festivals in der evangelischen Kirche in Villach bei freiem Eintritt diese Morgenkonzerte geben, mit Musik lokaler und Festival-Musiker, und ich lese die neuen Texte der LiteratInnen. Danach gibt es Kaffee und Kipferl gesponsert vom Rotary Club Villach Park. Dort kann man mit uns ganz hürdelos ins Gespräch kommen, denn die Nähe zum Publikum ist mir so wichtig.
Gibt es für Sie einen Höhepunkt in diesem Festival?
Für eine Lesung des portugiesischen Autors Fernando Pessoa konnte ich Burgschaupieler Michael Maertens und Petra Morzé gewinnen. Birgit Minichmayr wird Christine Lavant lesen zusammen mit Georg Nigl, der den Schwanengesang von Franz Schubert singen wird. Es gibt im Kammerformat eine Menge toller Konzerte: Eckart Runge schweißt sich am 25. Juli mit dem Esmé Quartet zum Schubert Quintett zusammen. Davor spielt das Esmé Quartet Mozarts Streichquartett KV575, in dem Mozart ein Lied verarbeitet, das unfassbar gut zum Programm des nächsten Tages passt, wo wir in Sei mir gegrüßt den Bogen vom Lied zur Instrumentalmusik schlagen. Dieses Schubertlied wird gefolgt von Franz Liszts Klaviertranskription und danach spielen wir Schuberts Große Fantasie für Violine und Klavier, op.934, in der er dieses Lied verarbeitet. In der zweiten Hälfte des Konzerts gibt es dann Der Tod und das Mädchen, erst gesungen und anschließend als Streichquartett. Da verzahnen sich nicht nur inhaltliche Punkte, sondern auch Musikerinnen und Musiker: Neben dem Esmé Quartet spielt auch die Violonistin Lena Neudauer, die am darauffolgenden Tag mit dem Pianisten Matthias Kirschnereit das Brahms-Schumann-Programm F.A.E. – Frei, aber einsam spielt.
Das Festivalprogramm entwickeln Sie entlang Ihrer Ideen bzw. Vorstellungen und dennoch offenbar oft mit KünstlerInnen des Festivals gemeinsam.
Für mich ist das die Essenz meines Arbeitens. Im Eröffnungskonzert Louise Farrenc spielen zu können, ist ein Traum – ich habe diese Sinfonie von ihr noch nie live gehört! Für mich wird das ein großer Moment sein, wenn ich die eigenen Gedanken mit so einem riesigen Orchester dann live zu hören bekomme. Oder auch Sei mir gegrüßt, wo ich sehr gespannt bin, wie dieses Programm aufgenommen werden wird. Auch das Projekt Schwanengesang ist im Brainstormen und zusammen denken entstanden.
Und Wolfgang Suppan, der 2022 Festivalcomposer bei Imago Dei war, hat sein Stück Linie und Fisch vorgeschlagen?
Nein, das war meine Idee. Ich wollte ein Kinderkompositionslabor anbieten. Linie und Fisch ist eine Komposition von Wolfgang Suppan, das er ursprünglich für die Kinder der MusikerInnen des Klangforum Wien geschrieben hat. Es funktioniert für ganz verschiedene Altersgruppen, selbst die ganz Kleinen drücken Schwämme in ein Aquarium aus, was elektronisch verstärkt wird. Wir wollen neben der Aufführung dieses Stücks auch mit der Architektur des Domenig-Steinhauses umgehen. Das Leitungs-Trio aus der Instrumentalistin Cordula Bösze, dem Komponisten Wolfgang Suppan und dem Ensemble-Leiter Jaime Wolfson kann sich da auf ganz verschiedenen Ebenen begegnen.
Mit einem Stück von Wojtech Blecharz geht es open air und familienfreundlich in den Tag und die Umgebung hinein.
Etwas ganz Verspieltes ist das Stück Parkoper von Wojtech Blecharz. Ein Hörerlebnisparcours auf der Insel im Faakersee – einem zauberhaften Kleinod der Gegend, Karibik in Kärnten. Sie birgt alleinig das Inselhotel und einen Wald, in dem die Parkoper spielen wird. Die Insel kann nur per Boot erreicht werden, das Hotel unterstützt uns hier wesentlich. Die ZuhörerInnen können auf der Insel den Parcours entlang flanieren und immer wieder von Klängen und Gesängen überrascht werden. Ich bete nur, dass schönes Wetter sein wird. Wenn man rüberschwimmt, braucht man kein Ticket. 😉 Es gibt mit Nina Pollaschegg auch eine Musikwanderung auf dem Berg Gerlitzen bei Ossiach. Der Klangredner Bertl Mütter wird es begleiten und beim Kulturpicknick die Kirche in Ossiach erkunden.
Den Abschluss des Festivals bildet dann der Soundtrack to the Stars.
Dieses Projekt des RSO wird Teil seiner Frühjahrstournee nach China mit Wayne Marshall am Dirigentenpult und George Gershwin nebst John Williams im Programm. Es wird demzufolge eigentlich nicht in Österreich zu hören sein und hat daher außerordentlichen Exklusivitätscharakter. Ein Grund mehr, auch eine Ö1-Reise zum Abschlusskonzert zu organisieren.
Was noch?
Wichtige Unterstützer sind auch unsere SponsorInnen. Wir konnten das Sponsorenvolumen bis dato bereits verdoppeln. Und es wird auch eine Uraufführung von Bernhard Lang mit dem Ensemble Platypus geben. Das ist die Vollendung eines schon länger vom Ensemble beauftragten Werkes. Bernhard Lang schreibt es wohl hier in Kärnten, in seiner Komponierstube in Wolfsberg. Es sind so viele aussichtsreiche Dinge im Gange. Das Wesentliche ist doch, das man dranbleibt und dran glaubt.
Ein Auszug des Artikels ist erstmals erschienen auf www.musicaustria.at
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