strings&noise
Es geht um diese vielen Untertöne, die existieren
Sophia Goidinger-Koch und Barbara Riccabona stehen auf Violine und Violoncello abseits süßlicher Vorurteile und geben dieser Leidenschaft mit zeitgenössischem Repertoire Ausdruck und Feuer. Dabei denkt das Duo Konzerte als Ganzes, schafft Übergänge zwischen den einzelnen Programmteilen und vermittelt Gegenwartsmusik an die Zuhörerschaft. So entstehen bei strings&noise Gespräche zwischen sehr vielen Elementen eines Konzerts.
Am 27. April gab es ein Konzert On the Couch bei Alexander J. Eberhard. Wie habt ihr euch denn kennengelernt und dann den Abend gestaltet?
Sophia Goidinger-Koch: Vor drei Jahren probten Alexander und ich für ein Streichquartettprojekt in seinem Kellerstudio und lernten uns so kennen.
Barbara Riccabona: Unser Programm war quasi Repertoire mit Impro-Anteilen, eine Mischung, wie wir sie generell mögen.
Sophia Goidinger-Koch: Wir probierten drei situations, kurze Mini-Stücke von François Sarhan, in denen er Alltagssituationen überspitzt in ein Stück von ein bis maximal drei Minuten mit Text oder Requisiten packt, aufzuführen, die dann im Juli beim impuls-Festival in Graz im Programm sein werden. Wir wollten herausfinden, wie es uns dabei geht, mit soviel Performance-Anteil auf der Bühne zu sein und das zwischen Musik- oder Instrumentalstücke einzuweben: wie uns da ein Übergang gelingt, wollten wir vor kleinem Publikum testen.
Als InstrumentalistIn performativ zu arbeiten, ist einerseits zwar selbstredend, weil allein das Spielen eine Performance ist, aber es ist ja mehr gemeint: Liegt den Inszenierungen der Werke der Versuch zugrunde, eine Gesamtheit dessen, was stattfindet, abzubilden, das Instrument zum Beispiel unabhängig von seiner Klangfunktion auf seinen Gehalt, seine Gestalt hin abzuklopfen?
Barbara Riccabona: Die Entwicklung geht dahin, über die sowieso stattfindende Performance einer Werkpräsentation sich selbst weiter mit hineinzunehmen. Wir addieren gern schauspielerische Szenen, um in den Grenzbereichen von Schauspiel und Instrumentalkunst umherzuspüren. Bei der Verbindung von beidem entsteht ein neuer Charakter von Konzerten, es lassen sich wunderschöne Bögen bauen und proaktivierende Geschichten erzählen.
Sind diese performativen Elemente in den Partituren vorgegeben?
Barbara Riccabona: Bei Sarhan ist es ganz klar definiert und auch musikalisch komplett ausnotiert. Man liest es also wie ein Musikstück, was er möchte, geht allerdings weit darüber hinaus, dass man sich frei mit dem Material bewegen kann und einen spontanen Eindruck erzeugt. Das macht es sowohl zu einer schauspielerischen als auch musikalischen Herausforderung.
Findet euch das Repertoire oder sucht ihr ganz gezielt nach Werken, die dieser Vorstellung entsprechen? Wie finden die Vereinbarungen statt, was zum Repertoire gehören soll?
Sophia Goidinger-Koch: strings&noise gibt es ja bereits seit sieben Jahren, Barbara spielt seit zwei Jahren mit mir. Es gibt von jeher diesen Gedanken bei mir, dass jedes neue Werk ein extramusikalisches Element oder einen performativen Anteil haben soll. Diese Erweiterung des herkömmlichen Spielens ist mir ein Anliegen und soll auch die Identität von diesem Duo sein. Wir wollen zeigen, dass Streichinstrumente eben nicht nur schön sind und sein wollen. Und was wir als Streicherin auf einer Bühne machen können. Es ist sehr spannend, da Erwartungshaltungen aufzubrechen.
War das die Gründungsidee von strings&noise?
Sophia Goidinger-Koch: Der Titel bezieht sich bewusst auf ein 30-Sekunden-Stück von Peter Ablinger für Geige und Cello: Two Strings and Noise. Im Bild eines Kreuzes spielen die Streichinstrumente einen Ton als Waagrechte, den irgendwann ein Knacks mit allen Frequenzen in der Senkrechte durchkreuzt. Ursprünglich mit Maiken Beer als Gründsungskollegin gaben wir 2015 diesem Titel Gestalt und fanden uns als Duo, dass mit zwei Streichern gegen gewisse Störkomponenten spielt.
Versteht man dieses Kreuz symbolisch, könnte es auch als Plus gelesen werden, ein Duo plus Extramusikalischem. Welche Rolle spielt die Tatsache, dass ihr zwei Frauen im Duo seid?
Barbara Riccabona: Diese Frage ist immer schwer zu beantworten. Natürlich stellt man etwas dar, sobald man als zwei Frauen auf die Bühne geht, erst recht mit dem Cello, das überhaupt unglaublich romantisiert wird. Uns interessiert aber vielmehr die Vielseitigkeit im Ausdruck, was nicht zwangsläufig Konfrontation, Widerständigkeit und Härte meint. Es geht einfach um diese ganz vielen Untertöne, die existieren. Ein Plus für alles, was wir mit unseren Körpern, unseren Stimmen im Rahmen unseres Duos noch darstellen können. Das referiert allerdings nicht auf unsere Weiblichkeit. So gesehen verstehen wir uns nicht als feministisches Projekt.
Sophia Goidinger-Koch: Wir verstehen uns vielleicht als feministisch, weil wir gar nicht großartig darüber nachdenken, ob wir als Frau etwas tun dürfen oder nicht. Das Selbstverständnis einer Frau als Mensch mit gleichen Rechten, ohne es laut zu betonen, grundiert unser Handeln. Tabus hinsichtlich des eigenen Werkens soll es einfach nicht geben. Als wir im November zum Crossroads Festival eingeladen waren, vier Preisträger und zwei auf die Reserveliste auszuwählen, lagen uns Einsendungen zu zwei Dritteln männlicher Absender vor.
Barbara Riccabona: Bei diesem Ungleichgewicht bezüglich der Geschlechterverteilung entstand dann die Diskussion, wie diese im Ergebnis der Auswahl aussehen sollte. Wir entschieden uns dafür, künstlerische Qualität und nicht etwa Quote entscheiden zu lassen. Sodass drei männliche, eine weibliche Künstlerin und jeweils ein Mann und eine Frau auf der Reserveliste erkoren wurden. Ich fühl mich auch nicht wohl, irgendwelche Vorteile aufgrund meines Geschlechts zugesprochen zu bekommen. Ich möchte nicht auf irgendwelchen Vorteilen als Frau spielen.
Eine Frau an der Geige erweckt trotzdem ein anderes Bild als ein Mann an der Geige.
Sophia Goidinger-Koch: Das ist so, dessen bin ich mir bewusst. Man kann nicht leugnen, was gesellschaftlich mitschwingt. Aber es ist möglich, aktiv zu sagen: Ich will so nicht denken. Ich will nicht eingesperrt leben, ich seh mich nicht in dieser Schublade.
Wie geht ihr mit den Reaktionen auf gesprengte Erwartungshaltungen um?
Sophia Goidinger-Koch: In den meisten Fällen sind die Rückmeldungen sehr positiv, was uns natürlich gar keine Schwierigkeiten bereitet.
Feministisch meint mittlerweile auch eher abweichend vom Kanon oder den Konventionen zu sein.
Barbara Riccabona: Es entstehen selten Diskussionen über unsere Aufführungen. Wir präsentieren uns selbstbewusst in dem, was wir tun. Da entsteht gar kein Diskurs über Frauen und Männer. Wir merken auch, dass uns Menschen mit einer gewissen Offenheit gegenüber Neuem kontaktieren – wir sind ja auch offen und zugänglich gegenüber solchen Anfragen.
Wann gebt ihr Kompositionen in Auftrag?
Sophia Goidinger-Koch: Es gibt nicht so viel Repertoire für unsere Besetzung und das Vorhandene gefällt mir oft nicht so sehr. Früher gingen Auftragswerke auch an Freunde und Kollegen mit sehr expliziten Vorgaben. Jüngst konnten wir Werke außerdem durch das Artist-in-Residence-Programm der Ruprechtskirche in Wien zum Beispiel an Aleksandra Bajde und Samuele Ferrari in Auftrag geben. Andere Auftragswerke sind jetzt im Rahmen des Crossroads-Festivals entstanden, dessen ausgesprochener Hintergrund ja ist, KomponistInnen zur Zusammenarbeit mit ausgewählten Ensembles einzuladen.
Ihr seid dieses Jahr auch zum impuls-Festival nach Graz eingeladen. Was werdet ihr da spielen?
Barbara Riccabona: Neben den schon genannten kleinen Performance-Clips situations von François Sarhan werden wir ein Stück von Bernhard Lang geben, das wir durch die Corona-Pandemie bislang nur sehr selten spielen konnten. Außerdem wird es eine Uraufführung von Mauro Hertigs Stück geben, das für das Duo umgeschrieben wurde.
Sophia Goidinger-Koch: Er hat sein Duo für zwei Saxophone für uns umgeschrieben, als er uns in Salzburg gehört hatte und wir in einem Pausengespräch feststellten, dass wir zusammen beim impuls-Festival in Graz sein würden.
Barbara Riccabona: So ergeben sich die Sachen. Zusätzlich geben wir jeweils ein Solostück: ich Zeitenverwesung von Judith Unterpertinger und Sophia Doppelbelichtung von Carola Bauckholt.
Das Repertoire für strings&noise entwickelt sich also relativ spezifisch zum Alleinstellungsmerkmal für das Duo.
Barbara Riccabona: Es kommen wirklich viele Menschen mit sehr viel kreativer Energie auf uns zu. Das mag ich am meisten daran. Die Ideen für das Crossroads-Festival zum Beispiel waren wirklich spitze. Es gab 32 Bewerbungen, bei denen erklärt werden musste, warum spezifisch für welches Ensemble komponiert worden ist. Da lässt sich schon genau erspüren, wer mit welchen Energien daherkommt. Es sind so originelle, maßgeschneiderte Stücke entstanden.
Ihr seid auch für Fraufeld in Aktion getreten.
Sophia Goidinger-Koch: Auf dem allerersten Sampler haben wir Joan Jett Kicks Off Her Boots, Finishes Her Beer and Takes a Deep Breath:“ von Caitlin Smith gespielt.
In diesem Zusammenhang stehen weibliche Schaffende aber schon im Vordergrund.
Sophia Goidinger-Koch: Auf jeden Fall. Fraufeld ist eine super Initiative von Verena Zeiner, Sara Zlanabitnig, Milly Groz und ihren Kolleginnen. Sie ist extrem wichtig, weil es um Sichtbarkeit, um das Sichtbarmachen von weiblichen Schaffenden: KomponistInnen, MusikerInnen, PerformerInnen. Dabei geht gar nicht unbedingt eine kämpferische Haltung voran, eher ein starker Ausdruck von Selbstverständnis: Wir wollen mit am Tisch sitzen. Wir sind 50 Prozent der Gesellschaft und tragen auch unseren Teil bei.
strings&noise wollen das Interesse für Neue Musik steigern und für ungeübte Ohren erfahrbar machen. Beide arbeitet ihr auch als Lehrende. Gibt es da einen besonderen Zugang?
Barbara Riccabona: Er funktioniert tatsächlich über die außermusikalischen Elemente. Über dieses Plus gelingt es uns, etwas einzufangen, was dann auch mit Humor oder Geschichte oder mit Bild spielt. Ein unmittelbarer Zugang ist einfach irre schwer. Aber wir haben so oft völlig neues Publikum und danken einander dann, neue akustische Felder erkunden zu können. Allein unsere Personen sind da oft schon die Brücke und wir akquirieren dazu noch etwas mehr als das musikalische Material.
Ihr wurdet 2020 für das Programm NASOM – The New Austrian Sound of Music ausgezeichnet.
Sophia Goidinger-Koch: Das ist ein Programm des österreichischen Außenministeriums für Solisten und Ensemble bis vier Spielern. Nach der Aufnahme in den Katalog der weltweit verteilten Kulturforen Österreichs, werden Künstler für zwei Jahre hinsichtlich Auftritten außerhalb Österreichs unterstützt. Dafür müssen die Ensembles sich aber auch tatkräftig einsetzen. Es war wahnsinnig schade, dass für uns diese Unterstützung in die Pandemie-Zeit fiel. Trotz einer Verlängerung um ein Jahr ist es für uns sehr schwierig, da wieder anzuknüpfen. Viele Veranstalter existieren nicht mehr oder mit viel weniger Geld …
Barbara Riccabona: … oder die Schlangen sind lang, in denen die MusikerInnen vor den VeranstalterInnen stehen.
Ist Rhythmus für euch entscheidend beim Performen?
Barbara Riccabona: Auf jeden Fall, ohne ihn kann an nicht zusammen spielen. Dabei ist es eher ein Zusammenschwingen, ein Puls, der dem Stück zugrundeliegt, freilich variabel abhängig von Stück zu Stück. Es gibt auch Flächenöffner, in denen dann Raum ist für Improvisation. Aber oft haben wir ganz klar rhythmische Abläufe, auch wenn sie das Stücke selber gar nicht so transportiert. Bernhard Langs … ist beispielsweise ein ganz klar durchkonzipiertes Stück, obwohl es relativ frei klingt. Diesen Eindruck können wir erzeugen, weil wir mit einer gewissen rhythmischen Strenge der Partitur folgen. Sonst entsteht kein Sog, auch kein Zusammenspiel. Sonst könnte man die Elemente, die er vorgibt, auch improvisieren. Und das ist ein Unterschied.
Sophia Goidinger-Koch: Es gibt für jedes Konzertprogramm auch einen übergeordneten Rhythmus, denn es ist wichtig, einen Bogen über den gesamten Abend zu spannen. Unseren Abend bei Alexander J. Eberhard programmierten wir nach einer lustigen Methode eines befreundeten Kollegen: alle Stücke werden auf einzelne Zettel notiert, durchmischt und durch Ziehen die Reihenfolge der Stücke festlegt. Das ist ein super Zugang, um Abende intentionslos zu programmieren und die Begegnungen der Stücke untereinander nicht zu verkopfen.
Barbara Riccabona: Es löst ganz klar Muster und Vorstellungen von Stücken und deren Einbettung in ein Konzert auf. Man kann ja trotz Zufallprinzip immer noch einlenken, aber die Öffnung in dieses Feld der Möglichkeiten schafft Lösungsangebote, die durch Denken allein nicht zustande kommen würden. Es entsteht in der Tat auch eine rhythmische Gestalt einer Konzertkomposition anhand eines ganz klaren Fadens, meist auch ohne Zwischenapplaus. Mit improvisierten Übergängen schaffen wir Atmosphären, in denen die einzelnen Stücke dann stehen. Es sind immer Gesamtkonzepte.
Sophia Goidinger-Koch: Wir versuchen ja auch, für das jeweilige Konzertsetting Stücke aus unserem Repertoire auszuwählen, die dem Zuhörer ein interessantes Erlebnis bieten. Gleichzeitig muss es ja den Gegebenheiten angepasst werden: in der Ruprechtskirche gab es beispielsweise keine Verstärkung und die gewählten Stücke mussten also laut genug sein. Dagegen gibt es beim Kultursommer in Wien kein Video, dafür ist aber Verstärkung da.
Barbara Riccabona: Beim Kultursommer Anfang Juli wird es Open Air Laufpublikum geben und folglich ein ganz anderes Setting brauchen als Ende Juli beim impuls-Workshop, wo lauter Komponisten anwesend sind, die total auf die Sache eingehört sind. Das verlangt von uns als Künstlerinnen völlig andere Überlegungen und Vorgaben: eine andere Geschichte, einen anderen Schwung für den ganzen Auftritt, damit es wirken kann.
Ihr steht auf eure Instrumente und ihr steht auf euren Instrumenten. Wie kam es überhaupt zu Geige und Cello und manchmal noch weiteren Instrumenten?
Barbara Riccabona: Wir haben manchmal ein zweites Instrument, weil man mit einem nicht alles machen kann. Wir haben Zweitgeige und Zweitcello, um damit etwas ungenierter umgehen zu können.
Sophia Goidinger-Koch: Meine zehn Jahre ältere Tante war ein sehr großes Vorbild für mich. Dann gab es keinen größeren Wunsch als eine Geige für mich und als ich sie an meinem 6. Geburtstag auspackte ergriff mich trotzdem ein bisschen die Schwere, jetzt dieses Instrument in Angriff nehmen zu müssen. Mein Studienwunsch dahin entschied sich dann auch erst mit 18, weil meine Zeit davor im Musikgymnasium in Innsbruck von einem sehr schwierigen Lehrer begleitet war. Mit knapp 21 bin ich dann nach Wien übersiedelt, hab die Aufnahmeprüfung bestanden und ab da beste Begleitung genossen. Mir war relativ schnell klar, dass ich in die Neue Musik gehen will, das kam über die Chormusik, in Innsbruck hatte ich einen überzeugend progressiven Chorleiter erlebt, was mir total taugte. Im Studium in Wien belegte ich dann auch Improvisation bei Gunter Schneider und Burkhard Stangl, was augenöffnend und horizonterweiternd für mich war. Und nach dem Bachelorstudium schloss ich dann ein Masterstudium der Zeitgenössischen Musik an, was mich sehr zufrieden macht.
Barbara Riccabona: Mein Weg war superklassisch, samt Orchesterprobespiel und großem Jugendorchester, mein Bachelor war am Mozarteum in Salzburg. Danach studierte ich in Deutschland noch zwei Jahre Master bei Conradin Brotbek und begegnete da der Neuen Musik. Als Persönlichkeit konnte ich mich mehr finden beim Ausdruck in der Neuen Musik. Die große Masse beim Orchester kann sehr einschüchternd wirken, das extreme Vergleichen im klassischen Musikbereich ist grauenhaft. In dieser Situation zu einer Originalität im Ausdruck zu finden, erschien mir fast unmöglich. Ich bin sehr froh, jetzt nicht im Tutti im Orchester zu sitzen. In den Ensembles der Neuen Musik denkt jeder aufrecht und ist mit allem dabei. Es kommt soviel näher zu dem, was Musik überhaupt sein soll. Inzwischen genieß ich es auch total, auch in meinen Kammermusikprojekten Programme viel lebendiger werden zu lassen, viele Konventionen aufzubrechen und Ballast loszuwerden.
Du baust in anderen Kontexten ja auch eine Brücke zwischen Alter und Neuer Musik. Was macht es mit einem Menschen, sich täglich im kompetitiven Sinne mit einem vorgegebenen Kanon auseinanderzusetzen im Gegensatz zur Suche nach einem Ausdruck für Gegenwart?
Barbara Riccabona: Das eine bedingt das andere. Der klassische Background ist sehr hilfreich für das Spielen von Neuer Musik. Man kann sich vor allem gegenseitig sehr beeinflussen. Trotzdem braucht man viel mehr Präsenz und geistige Wachheit bei der Neuen Musik.
Sophia Goidinger-Koch: Was immer hilft, ist ein visuelles Medium, eine Geschichte. Mit meiner Oma war ich in Mailand auf der Expo und hatte ein Soloprogramm mit Franco Donatoni und Luciano Berio vor Laufpublikum im Österreichischen Pavillon gespielt. Das war superschwierig, meine Oma schaute nur verständnislos. Anschließend in einem Museum standen wir vor einem ganz abstrakten Bild eines zeitgenössischen Malers und meine Oma war als passionierte Aquarellmalerin begeistert. Ich erklärte ihr, dass dieses Bild das Gleiche ist, wie meine Musik. Ich realisierte in dem Moment, dass der Mensch die Augen, aber nicht die Ohren schließen kann. Weghören ist kaum möglich, das Hören geht viel tiefer als das Schauen und ist unmittelbarer, man kann sich nicht erwehren und entscheiden. Deswegen finde ich es so wichtig, dass man Publikum abholt und Empathie und Verständnis dafür hat, dass nicht jeder Mensch die Zeit und das Interesse täglich dafür aufbringt. Ich habe als Künstlerin auch die Aufgabe, mein Anliegen vollumfänglich anzubringen.
Barbara Riccabona: Eine Freundin, die das Konzert bei Alexander J. Eberhard besuchte, sagte zu mir: „Wow, was war das für ein Schritt aus der Komfortzone.“ Wir machen diesen Schritt und genießen es.
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Ein Auszug des Artikels ist erstmals erschienen auf www.musicaustria.at
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